Metabolismus

Unter Metabolismus (oder allgemein: Stoffwechsel) versteht man die Aufnahme, Transport, Umwandlung sowie Abgabe von verschiedenen Stoffen bzw. Stoffwechselprodukten eines Organismus. Diese im Körper ablaufenden biochemischen Prozesse dienen einerseits dem Aufbau des Organismus andererseits aber auch der Erhaltung und Energiegewinnung und somit der Aufrechterhaltung wichtiger Körperfunktionen. Die aufgenommene Nahrung des Menschen setzt sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen: Kohlenhydrate, Fette und Proteine. Die Stoffwechselwege dieser essenziellen Bausteine sind komplex und darüber hinaus eng miteinander verbunden. Wichtige Stoffwechselvorgänge, die eine zentrale Rolle in der Energiegewinnung einnehmen, sind der Kohlenhydrat- und der Fettstoffwechsel. Durch Proteinabbau (vor allem durch Abbau von Muskelmasse) kann ebenfalls Energie für den Körper bereitgestellt werden. Dieser Vorgang läuft aber in der Regel erst dann ab, nachdem sämtliche Kohlenhydratreserven (in Form von Glykogen) und Fettspeicher des Körpers aufgebraucht sind.

Nicht immer laufen diese Stoffwechselvorgänge im geordneten Rahmen ab. Liegen medizinisch gesehen pathologische Abweichungen dieser Prozesse vor, so spricht man im Allgemeinen von Stoffwechselstörungen. Diese können vielfältig gestaltet sein; z.B. eine (lokale) Erhöhung bzw. Anhäufung bestimmter Metabolite, Enzymdefekte, krankhafte Speicherung von Stoffwechselprodukten (z.B. die Hämochromatose, bei der sich Eisen in Organen ablagert) oder aber auch Defekte in wichtigen Transportsystemen sowie Mangel an Hormonen (z.B. Insulinmangel). Charakteristisch für solche Stoffwechselstörungen ist, dass sie in jedem Alter auftreten können und zum Teil schwerwiegende Folgen haben können.

Wichtige Stoffwechselkrankheiten, die z.B. für eine spätere Herz-Kreislauferkrankung verantwortlich sein können, sind beispielsweise die Adipositas (Fettleibigkeit) und Insulinresistenz. Begleiterscheinungen dieser zwei Krankheitsbilder sind häufig korrelierende Erkrankungen wie Störungen im Fettstoffwechsel (z.B. veränderte Blutfettwerte), Diabetes mellitus sowie arterielle Hypertonie. Die Ansammlung dieser verschiedenen, aber zusammengehörenden Krankheitsbilder, wird als Metabolisches Syndrom zusammengefasst. Bei der Entstehung des Metabolischen Syndroms spielen neben substanziellen Veränderungen in der Zusammensetzung der viszeralen Fettmasse auch genetische Faktoren eine wesentliche Rolle.

Der Plasminogenaktivator-Inhibitor Typ-1 (PAI-1) ist funktional ein Serin-Protease-Inhibitor. Die primäre Funktion von PAI-1 ist die schnelle Inhibierung gewebsspezifischer Plasminogen-Aktivatoren. Eine genetisch bedingte Überproduktion von PAI-1 führt zu einer reduzierten Fibrinolyse. PAI-1 ist aber auch ursächlich an der Entstehung von Atherosklerose bei Patienten mit erhöhtem Triglyceridspiegel, metabolischem Syndrom oder Diabetes Typ II beteiligt. PAI-1 wird von Fettzellen (Adipozyten) produziert und ausgeschleust. Neben seiner Hauptfunktion der Gerinnungsregulation greift PAI-1 auch regulierend in verschiedene Prozesse wie Zellwanderung und Angiogenese ein. Änderungen in diesen Funktionen unterstützen die Fettleibigkeit. Darüber hinaus bindet PAI an die extrazelluläre Matrix des Fettgewebes und beeinflusst dessen Funktion in Richtung Fettleibigkeit. Der beschriebene funktionelle Polymorphismus PAI-1 4G/5G betrifft die Promotor-Region des Gens, wodurch die Bindung von Transkriptionsregulatoren verändert und damit einhergehend die Transkriptionsrate erhöht wird. Das Fettgewebe übergewichtiger Personen produziert erheblich mehr PAI-1, als dasjenige schlanker Personen. Ebenfalls ist die Konzentration an zirkulierenden PAI-Proteinen bei Fettleibigkeit und anderen Insulin-resistenten Bedingungen höher. Weiteren Untersuchungen zufolge stimulieren insbesondere TNF-alpha und IL-1B die PAI-1-Produktion noch zusätzlich. Eine genetische Variation in PAI-1 fettleibiger Menschen erhöht somit das Risiko für die Entstehung des Metabolischen Syndroms und in Folge dessen kardiovaskulärer Erkrankungen zusätzlich.

Ein weiterer, wichtiger Risikofaktor ist die genetische Variation des PPAR-gamma-2-Gens (PPARG). PPAR-gamma-2 ist als Mitglied einer Familie von nukleären Hormonrezeptoren an der Regulation der Adipozytendifferenzierung, des Lipidmetabolismus und der Insulinsensitivität beteiligt, welche für die Entstehung des Diabetes Typ 2 relevant sind. Ein Polymorphismus im PPAR-gamma-2 Gen ist mit einer erhöhten Suszeptibilität für Typ 2 Diabetes assoziiert. Die weitreichenden Konsequenzen von Typ 2 Diabetes (Risiko für koronare Herzkrankheit) sprechen für eine frühzeitige Diabetesprävention und das Wissen um das eigene persönliche Risiko, um früh genug bei den bedeutendsten Hebeln, der Ernährung und der Bewegung, anzusetzen.

Das Fatty Acid Bindingprotein-2 (FABP2) gehört zu einer Multigenfamilie mit nahezu 20 identifizierten Mitgliedern. Das ausschließlich in Enterozyten exprimierte FABP2 spielt bei der Aufnahme von langkettigen Fettsäuren in die Zelle sowie deren Transport innerhalb der Zelle eine zentrale Rolle. Klinisch signifikant ist eine einzelne Mutation in Exon 54 des FABP2-Gens, wodurch die Oxidation von Fettsäuren und das Risiko der Entstehung einer Insulinresistenz stark erhöht werden. Da Fette im Vergleich zu Proteinen und Kohlenhydraten einen sehr hohen Energiewert haben, sind Menschen mit erhöhter Fettaufnahme und mangelnder Bewegung einem deutlich erhöhten Risiko ausgesetzt, Übergewicht und damit assoziierte Krankheitsbilder (s.o). zu entwickeln.

Neben den beschriebenen Proteinen PPAR-gamma 2 und FABP2 spielt der β2- Adrenorezeptor (auch als β2-adrenerger Rezeptor bezeichnet), welcher vom ADRB2-Gen codiert wird, bei der Entstehung von Übergewicht und den daraus resultierenden Spätfolgen ebenfalls eine Rolle. Das transmembranäre Protein gehört zur Familie der metabotropen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren und wird durch Bindung seines Liganden Adrenalin aktiviert. Die β2-Adrenorezeptoren sind zwar weit verbreitet, aber insbesondere auf Zellen der glatten Muskulatur und auf der Membran von Fettzellen lokalisiert. Nach Aktivierung des Rezeptors durch seinen Liganden kommt es unter Einfluss des Sympathikus zur Relaxation der glatten Muskulatur (z.B. der Bronchialmuskulatur) bzw. Ausschüttung des Hormons Insulin aus den B-Zellen des Pancreas. Durch die Insulinausschüttung werden einerseits verstärkt Kohlenhydrate mobilisiert und andererseits der Fettabbau (Lipolyse) in den Fettzellen stimuliert. Genetische Variationen im ADRB2-Gen (z.B. die Punktmutation Arg16Gly) sind insbesondere bei Adipösen relevant, da diese Menschen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, verstärkt Fettdepots zu bilden und somit an Gewicht zuzunehmen.


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